Leos Janáček

Sinfonietta

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Werkhintergrund:

 

Den Auslöser für die Entstehung der Sinfonietta bildete ein Auftrag des tschechischen Sportvereins Sokol („Der Falke“) an Janáček, zu dessen VIII. Kongress eine festliche Fanfarenmusik zu komponieren. Nach der Komposition entschloss sich Janáček, vier weitere Sätze folgen zu lassen, die er innerhalb von drei Wochen im März 1926 niederschrieb. Der Sokol stellte ein wesentliches Element der tschechoslowakischen Nationalbewegung dar, von deren Patriotismus sich auch Janáček – von Jugend an Mitglied im Sokol – leiten ließ, als er in dem Werk den freien tschechischen Menschen von heute zum Ausdruck bringen wollte und es zunächst der tschechoslowakischen bewaffneten Macht  (also der Armee) widmete, mit dem anfänglichen Titel Militär-Sinfonietta. Zugleich huldigte er seiner Heimatstadt Brünn, indem er die fünf Sätze im Programmentwurf der Uraufführung mit Fanfaren, Burg, Das Königin-Kloster, Strasse und Rathaus betitelte. Die Satztitel entfielen bei der Drucklegung allerdings wieder, und Janáček widmete die Sinfonietta schließlich Rosa Newmarch, einer englischen Musikschriftstellerin, auf deren Initiative hin Janáček 1926 England besucht hatte.

 

Die programmusikalische Dimension der Sinfonietta sollte aber nicht überbetont werden, sie gibt aber doch Hinweise zum Verständnis. Man kann das Werk natürlich auch in der Geschichte der Sinfonie als Gattung verorten: wenn man sich die Einleitungsfanfare weg denkt, entsprechen die Sätze 2-5 ansatzweise einer "normalen" viersätzigen Sinfonie - allerdings  kompakt und konzentriert, quasi verdichtet.

 

Die Besetzung ist durch einen gegenüber der üblichen Orchesterbesetzung stark erweiterten Blechbläserapparat gekennzeichnet: 4 Flöten (4. Flöte auch Piccolo), 2 Oboen (2. Oboe auch Englischhorn), 2 Klarinetten in B, Klarinette in Es, Bassklarinette, 2 Fagotte, 4 Hörner, 9 Trompeten in C, 3 Trompeten in F, 2 Basstrompeten in B, 4 Posaunen; 2 Tenortuben in B, Basstuba, Pauken, Röhrenglocken, Becken, Harfe und Streicher.

 

Die Spieldauer der fünfsätzigen Sinfonietta liegt etwa zwischen 22 und 25 Minuten.

Charakteristikum aller fünf Sätze sind kurze, rhythmisch-melodische Themen, die vielfach an Volkstanzweisen anklingen. Sinfonische Verarbeitungen etwa im Sinne der traditionellen Sonatensatzform lassen sich allenfalls ansatzweise ausmachen, vielmehr verwendet Janáček hier eine Keimzellen-Technik der variativen Anreicherung von Motiven. Die zugleich unmittelbar eingängige Tonsprache (Janáček stand den Tendenzen der Neuen Wiener Schule kritisch gegenüber) war beabsichtigt; der Komponist schrieb dazu kurz nach der Uraufführung, es sei ihm in diesem Werk am besten gelungen, sich so dicht wie möglich dem Gemüt des schlichten Menschen anzuschmiegen.

Jeder Satz besitzt eine individuelle Instrumentierung: Den ersten bestreiten nur 11 Trompeten, 2 Tuben und 2 Pauken, im zweiten sind Holzbläser dominierend, im dritten Satz die Streicher, im vierten Solotrompete und Streicher, erst im fünften Satz erklingt das gesamte Orchester (mit dem Fanfarenchor).

 

 

 

Satzfolge:

 

  1. Allegretto:Über ostinaten Quintparallelen der Tuben und Terzmotiven von Pauken und Basstrompeten entwickelt sich ein Fanfarenmotiv der Trompeten, das in teils polyphoner Engführung den ganzen kurzen, Intrada-artigen Satz bestimmt.
  2. Andante:Bestimmend ist bei häufig wechselnden Metren eine an mährische Folklore anklingende Tanzmelodie. Später treten getragene Trompetenfanfaren in an den ersten Satz erinnernder Motivik hinzu.

III. Moderato: Ein zunächst lyrisches Thema der Streicher wird allmählich bis zur Erregung gesteigert (vor allem durch das hohe Holz betont), wobei auch die Posaunen einfallen; der Satz schließt wieder in lyrischer Grundstimmung.

  1. Allegretto:Der Scherzo-Charakter der Musik ist wiederum durch ein an mährische Volkstänze erinnerndes, von den Trompeten intoniertes Motiv geprägt, das sich in fast permanenter Repetition durch den Satz zieht.
  2. Andante con moto:Nach Eröffnung durch ein lyrisches Thema in den Flöten erklingen zunächst rasche Streicherfigurationen, bevor nach thematischer Verarbeitung des 1. Themas die Fanfaren des 1. Satzes wiederkehren und das Werk, umspielt vom übrigen Orchester, zum wirkungsvollen Abschluss führen.

 

Die Sinfonietta wurde am 26. Juni 1926 in Prag durch die Tschechische Philharmonie unter Václav Talich uraufgeführt und erschien im Verlag der Wiener Universal Edition. Die Komposition setzte sich bald international durch, die deutsche Erstaufführung in Wiesbaden am 9. Dezember 1926 und die amerikanische in New York am 4. März 1927 leitete jeweils Otto Klemperer.

 

(Quelle: Wikipedia zit. n. Jaroslav Vogel: Leoš Janáček, Prag 1958, S. 436

zit. n. Kurt Honolka: Leoš Janáček. Belser, Stuttgart und Zürich, 1982, ISBN 3-7630-9027-4, S. 244 3 Kurt Honolka: Leoš Janáček. Belser, Stuttgart und Zürich, 1982, ISBN 3-7630-9027-4, S. 247)

 

Vertiefende Bemerkungen zum besseren Verständnis:

Handelt es sich um eine Programmkomposition? Um Musik, die ihren Sinn ganz aus sich selbst heraus vermittelt? Diese Fragen stellen sich auch bei Leoš Janáčeks Sinfonietta. Mit dem Titel bezog sich der mährische Komponist auf die klassische Tradition und die Hauptgattung ihrer Orchesterwerke. In der gedruckten Partitur finden sich keine inhaltlichen Hinweise, doch auf dem Programmzettel der Uraufführung notierte der Komponist mögliche Satzüberschriften, die Vorstellungen von Orten und Szenen wecken: I. ›Fanfaren‹ – II. ›Burg‹ – III. ›Das Königinkloster‹ – IV. ›Straße‹ – V. ›Rathaus‹.

Was in Stichworten eher rätselhaft erscheint, fasste Janáček ein Jahr nach der Uraufführung des Werkes in eine Erzählung. Am Ende des Feuilletons ›Moje mešto‹ (Meine Stadt) heißt es: »Da gewahrte ich die Stadt in wunderbarer Verwandlung. In mir schwand die Abneigung gegen das düstere Rathaus, der Hass gegen den Berg, in dessen Innerem so viel Schmerz brüllte (Anmerkung: es war zeitweise ein Gefängnis mit Folterkammern), die Abneigung gegen die Straße und was in ihr wimmelte. Über der Stadt stand der Lichtglanz der Freiheit, durch die Wiedergeburt vom 28. Oktober 1918 hervorgezaubert. Und das Schmettern sieghafter Trompeten, die heilige Ruhe des im Hohlweg verborgenen Königinklosters, die nächtlichen Schatten und die Atemzüge des Grünen Berges und die Visionen des unausbleiblichen Aufschwungs und der Größe der Stadt entstanden in meiner Sinfonietta aus dieser Erkenntnis, aus meiner Stadt Brünn!« Hier erscheinen die Stichworte wieder, die er den fünf Sätzen seiner Sinfonietta als Überschriften zugedacht hatte.

 

Die eröffnenden ›Fanfaren‹ stilisieren nicht nur Militärsignale. Aus der Komposition spricht die Freude über die Wandelbarkeit, die einen knappen Urgedanken nicht zersetzt, sondern festigt und vertieft: in der permanenten Variation offenbart sich die Kraft der musikalischen Idee. Allmählich vervielfachen sich die Stimmen und suggerieren einen großen, hallreichen Raum. Im ersten Satz werden sie vom Chor der Blechbläser gespielt, am Schluss vom ganzen Orchester, das den Bläserklang trillernd und vibrierend schärft. – In diesem Werk erhält jeder Satz ein eigenes Farbspektrum. Dessen Kern bildet jeweils eine Instrumentengruppe: die Blechbläser im ersten, die Holzbläser im zweiten, der gezogene Ton der Streicher im dritten Satz. Dieser Grundklang erscheint pur – im Eröffnungsstück. Er erhält Kontrastmittel, die seine Wirkung erhöhen, im zweiten und dritten Satz. Teilweise wird er intensiv geerdet wie der Klang der Streicher im Mittelstück, das vom Fundamentton der Tuba und Bassklarinette wie von einem verstärkten Kontrabass getragen scheint. Das besondere Kolorit des vierten Satzes entsteht aus schnellen Repliken wie in einer parlierenden Menschenmenge. Der fünfte Satz fasst die verschiedenen Tendenzen zusammen und führt sie zum strahlenden Schluss.

 

Was die Satzüberschriften andeuten, ging vermittelt in die Musik ein. ›Die Burg‹ (2. Satz) auf dem Brünner Spielberg ist in ihrem barocken Anstrich schön anzuschauen, aber sie birgt eine düstere Geschichte, ihre Kasematten dienten als Zuchthauszellen und Folterkammern. In Janáčeks Komposition treten die Klangregister auffällig auseinander. Nirgends werden die hohen Instrumente so grell nach oben geführt, kaum sonst klingen die Tiefen so derb, und in keinem anderen Satz wird die Grundfarbe – die Holzbläser mit ihrer Tanzweise – so stark attackiert wie hier. Den Gesamteindruck stellt der Einsatz der Trompeten in neues Licht: Sie breiten den Glanz des ersten Satzes über die Bewegung der Widersprüche. – Im Königinkloster, das Elisabeth, die Witwe des Böhmenkönigs Wenzel II. und des Habsburgers Rudolf 1323 stiftete, und das 1783 an die Augustiner überging, lebte Janáček seit seinem elften Lebensjahr als Internatsschüler. Diese Jugendzeit behielt er in zwiespältiger Erinnerung: Die gute musikalische Ausbildung wurde durch eine Atmosphäre von Einsamkeit und menschlicher Kälte erkauft. Den gedämpften Streichern bieten im dritten Satz akzentuierte (Freiheits-)Rhythmen der Bläser Kontra. Die Synthese schafft ein Posaunenthema, das danach durch alle Instrumentengruppen zieht wie ein getarnter Bote aus dem Anfangsstück. Den vierten Satz beginnen die Trompeten mit einem für Janáček ungewöhnlich »geschwätzigen« Thema. Die Straße, deren Bild für den jungen Leoš Militärpatrouillen und rebellische Umzüge bestimmten, erscheint in diesem Scherzo wie ein befreiter Ort. Ähnliches gilt für das Rathaus, die Stätte der Macht in der Stadt.

 

Die Sinfonietta handelt nach Janáčeks Vorstellung also von historisch Gesellschaftlichem: von der Geschichte der Stadt Brünn und von dieser Stadt nach der Befreiung. Nichtsdestoweniger klingt das Werk so persönlich wie das später geschriebene Zweite Streichquartett ›Intime Briefe‹.

 

Leoš Janáček, 1926: „Ich habe den Eindruck, als sei es mir in der Sinfonietta am besten gelungen, mich so dicht wie möglich dem Gemüt des schlichten Menschen anzuschmiegen, dem ich so nahe wie nur möglich sein will.

 

Das Folgende wäre ebenfalls sehr gut wegzulassen (teilweise Wiederholungen von bereits Geschriebenem, dennoch vertiefend):

 

So nahe wie in diesem Werk, meinte der Komponist, sei er seinem Volk noch nie gewesen. Das mag auch am Anlass und der Inspiration für das Stück liegen. »An einem sonnigen Tag im Jahre 1925 wohnte Janáček in Gesellschaft von Kamila Stösslová einem Militärkonzert in den Gartenanlagen der südböhmischen Stadt Písek bei«, berichtet Jaroslav Vogel. »Die gut eingeübte Militärkapelle spielte nebst anderen Vortragsstücken auch Fanfaren: Die einzelnen Musiker standen jedes Mal beim Anstimmen ihrer Fanfare auf und setzten sich nach ihrem Verklingen wieder. Der durch die Gegenwart eines geliebten Menschen […] gesteigerte Gehörs- und Gesichtseindruck übte auf Janáček eine solche Wirkung aus, dass ein geringer Anlass genügte – ein Ersuchen der Tageszeitung ›Lidové noviny‹ um ›irgendwelche Noten‹ für die Festveranstaltungen der Turnergemeinde ›Sokol‹ (Falke) –, um ihn zur Abfassung von Festfanfaren für deren großes Schauturnen zu veranlassen.« Dieser Sportbund wurde 1861 in den tschechischen Landen gegründet und breitete sich von dort über die slawischen Gebiete aus. »Das politische Programm war warmes nationales Fühlen mit Vermeidung jeder Unduldsamkeit gegen Menschen einer anderen Sprache und Nation. (Vogel) Sein blechbewehrtes Turner-Glanzstück weitete der Komponist schließlich zu einer mehrgliedrigen Kleinsymphonie mit finalem Rückgriff auf die prachtvollen Anfangsklänge aus. Für die Metamorphose der Gebrauchsmusik in die Kunstform bediente er sich der klassischen Gattung; vor ihrem Hintergrund entfaltet sich die Form seines Werkes in bemerkenswerter Freiheit und Klarheit.

 

(Habakuk Traber im Programmheft eines Konzertes des DSO am 2.6.2018, der aber seinerseits (ohne Quellenangabe) sehr stark auf die Infos im Nachwort der Partitur (Edition Peters Nr. 9875a) zurückgreift, die mir vorliegt)

 

 


zusammengestellt bis 15.11.2019



Leos Janacek 1918

 

 

 

 

Aufgrund der einzigartigen Besetzung ist das Werk wohl nirgendwo ein Repertoirestück. Ziemlich sicher allerdings in Brünn, der Heimatstadt des Komponisten oder in Prag, wo auch die meisten Aufnahmen entstanden sind. Jedes Orchester muss sich zur Aufführung oder Einspielung Aushilfen engagieren. Vielleicht mag es daher rühren, dass man die einleitenden Fanfaren nur in relativ wenigen Aufnahmen richtig sauber zu hören bekommt. Meistens werden sie im abschließenden 5. Satz viel besser gespielt, warum auch immer, unterscheiden sie sich doch kaum voneinander, wenn man einmal davon absieht, dass nun das gesamte restliche Orchester auch noch mitwirkt. Bei der folgenden Bewertung soll deshalb das Auftreten von ein paar Patzern in diesem ersten Satz nur untergeordnet gewichtet werden und so nicht zwangsläufig zur Abwertung herausragender Interpretationen führen.

Auf diese Weise gibt es relativ viele Einspielungen mit der höchsten Bewertung, aber keine ohne einen kleinen Makel. Der Verfasser möchte ausdrücklich darauf hinweisen, dass es ihm sehr schwer gefallen ist, eine der mit der Höchstnote versehenen Wiedergabe vor die andere zu stellen. Deshalb sollten sie eher als mehr oder weniger nebeneinander und nicht als nacheinander stehend angesehen werden. Die Beschreibung soll helfen, sich die potenzielle Lieblingsaufnahme herauszusuchen.

 

 

 

Vergleichende Rezensionen:

 

 

5         

Rafael Kubelik          

BRSO    

Orfeo             

1981               

LIVE

Ein paar kleine Patzer in der einleitenden Fanfare sind der Live-Situation geschuldet. Das Orchester wirkt gegenüber der DG-Aufnahme von 1971 weiter verbessert   und noch geschmeidiger und engagierter. Es glänzt mit lyrischem Feingefühl, großer Akkuratesse, Durchschlagskraft und dramatischem Feuer, das der ehemalige Chef bei seiner Rückkehr ans Pult zu entfachen wusste.  Auffallend wirkt der hoch emotionale, emphatische Zugriff mit kräftigen Akzenten und einem spürbaren intensivem Spannungsaufbau. Aber auch die hohe geistige Durchdringung zeigt sich in der Offenlegung und Gewichtung von sonst vernachlässigten Nebenstimmen und dem grandiosen und mitreißenden Jubel den Kubelik im 5. Satz mit der Reprise der Fanfaren wie kaum eine anderer darstellen konnte.

Die Aufnahme selbst ist für eine Live-Aufnahme der Zeit sehr gut. Präsenz und Tiefenstaffelung sind hervorzuheben. Das Orchester spielt in einem größeren (virtuellen) Raum als in der DG-Aufnahme versehen mit einem leichten Nachhall, der aber noch natürlich wirkt. Nur die Pauke wird zu dünn und schwächlich abgebildet, was aber in diesem Vergleich sehr häufig zu beobachten war. Die Klangfarben wirken etwas matt und glasig. Wegen der herausragenden Leidenschaftlichkeit der Darbietung soll diese Aufnahme die Liste anführen.

 

 

5         

Claudio Abbado       

London Symphony Orchestra               

Decca             

1968

Patzerfreie mit weicher Intonation gestaltete Fanfaren, im weiteren Verlauf organische Tempogestaltung mit sehr genauer Realisierung der Partiturvorschriften. Orchester mit spontan und unmittelbar wirkendem hochvirtuosen Zugriff, dabei weitgehend intonationssicher. Englischhorn und Oboe mit relativ dünnem Ton, ansonsten souveräne, wenn auch nicht ganz (im orchestertechnischen Sinn) perfekte Realisierung. Die in die höchsten Höhen getriebenen Violinen wirken intonationssicherer als die Wiener Kollegen in der Mackerras-Aufnahme. Details werden ausgesprochen hellhörig herausgearbeitet. Glanzpunkte werden vom sonoren strahlkräftigen Blech und hier vor allem durch die grandiosen Posaunen gesetzt. Im herausragend gestalteten Finalsatz sehr gute Einbindung der finalen Fanfaren in den Gesamtklang des Orchesters, sodass auch die sonst oft übertönten Streicher und Holzbläser hörbar bleiben. Hier jubelt einmal das ganze Orchester.

Der dynamische und lebendige Decca - Klang unterstützt Abbados enddeckungsfreudige, jugendlich spontane Gestaltung kongenial. Durch die hohe Transparenz geht keine Nebenstimme verloren. Die gebotene unvermittelte instrumentale  Dynamik kommt bei aller Spontanität jedoch nicht hart und unerbittlich sondern wird sogar noch mit einem gewissen eleganten Glanz geadelt.

 

 

5         

Claudio Abbado        

Berliner Philharmoniker                  

DG                 

1987

Die zweite Aufnahme Abbados erscheint zwar etwas weniger spontan und unvermittelt, erreicht aber – vielleicht auch (zur ohnehin schon vorhandenen herausragenden Qualität des Orchesters) durch eine gegenüber 1968 neu hinzugewonnene Abgeklärtheit des Dirigenten - eine noch weiter gesteigerte Verfeinerung. Die Holzbläser spielen hier sonorer und die Streicher spielen auch die schwierigsten Stellen in den höchsten Lagen mit einem fantastischen Legato. Englischhorn und Oboe, oft die klanglich heiklen Instrumente im Bläsersatz blühen hier regelrecht auf. Abbado hält das Zusammenspiel durch das ihm eigene geschmeidige Dirigat auf höchstem Niveau. Fein ziseliertes Rubato gehört  zu seinen besonderen Fähigkeiten. Den Spannungsverlauf hält er auf demselben hohen Niveau wie 19 Jahre zuvor in London. Auch an Durchschlagskraft fehlt es dieser Version nicht. Die Einbettung der Fanfaren ins gesamte Orchester, die er schon im ersten Satz auf klanglicher Distanz hält, erfolgt im fünften Satz auf ähnlich überzeugende Weise wie zuvor in London. Nichts geht hier verloren.

Die Aufnahme ist ausgesprochen transparent und ausgewogen und verfügt über eine ausgeprägte Tiefenstaffelung. Der Hörer wird gleichsam im Klang gebadet. Einzelne Details wirken jedoch nicht so demonstrativ hervorgehoben wie noch in London. Durch die leichte Halligkeit in der Berliner Philharmonie werden die instrumentalen Konturen aber etwas verwischt, sodass das Klangbild als ganzes leicht schwammig wirkt. Dennoch ein leuchtender Edelstein unter den Vergleichsaufnahmen.

 

 

5         

Michael Tilson Thomas         

London Symphony Orchestra               

Sony               

1990

Bis auf die einleitenden Fanfaren, die von weit her erklingen und gut ausgehört und fehlerlos gespielt werden, aber gleichförmig und fast langweilig wirken ist auch diese Version hoch engagiert gespielt. Das LSO präsentiert sich als Perfektionsensemble par Excellance.  (Durch sogar gegenüber der Abbado-Aufnahme noch gesteigerte instrumentale Fähigkeiten der Musiker.)  Manches erhält so etwas leicht Stromlinienförmiges. Alles wird aber von hoher Partiturtreue getragen. Nebenstimmen erscheinen bisweilen etwas zurückgedrängt, wodurch etwa die Schrecken im 2.Satz etwas in den Hintergrund treten, bleiben aber immer hörbar. Die Wiedergabe steigert sich von Satz zu Satz. Der 3. bietet als Höhepunkt ein glanzvolles, perfekt hingelegtes Prestissimo, der 4. ist ausgesprochen stimmungsvoll. Der 5. Satz schließlich ist hoch spannend und erreicht eine überwältigende Schlusswirkung. Klanglich offen und sehr gut tiefengestaffelt bietet die Aufnahme feine dynamische Schattierungen, einen realistisch anmutenden Raum mit fein dosiertem natürlichem Nachhall.

Eine hoch virtuose, gleichsam wie aus dem Ärmel geschüttelte Wiedergabe, die die Partitur durchleuchtet und sich von Satz zu Satz bis zu einem überwältigenden Finale steigert.

 

 

 

 

 

5         

Charles Mackerras     

Wiener Philharmoniker         

Decca             

1980

Diese Aufnahme erhält eine Sonderstellung schon alleine dadurch, dass sich der Dirigent die Mühe gemacht hat, bei seinen Studien des Werkes bis auf Originalhandschrift zurückzugehen. Unter anderem wird die Bratschenstimme im 2.Satz teilweise von einer solistischen Violaj d´amore gespielt, die Piccolo-Flöte spielt teilweise eine Oktave höher etc. Aber auch sonst hat die Aufnahme hohe Meriten. Die Gefühlswelt Janaceks wird  von diesem Dirigenten minutiös getroffen. Die Intensität des Orchesterspiels ist vorbildlich, was allerdings besonders in den drei mittleren Sätzen die Homogenität der sonst so gelobten Wiener Streicher etwas ins Straucheln bringt. Auch das Englischhorn kann nicht mit satten Farben punkten, sondern klingt einfach nur kläglich. Ganz anders die durchdringenden Flöten und das virtuose Blech.

Die Aufnahme klingt voluminös, teilweise geradezu prächtig. Darin distanziert sie auch die ältere EMI und neuere Supraphon Aufnahme des Dirigenten. Sie verfügt über ein grandioses Kraftpotential, das in den Höhepunkten vor allem des 5.Satzes voll ausgeschöpft wird. Darüber hinaus bietet die Aufnahme über den besten Paukenklang (gemeinsam mit der CSO-Aufnahme Ozawas) aller hier vertretenen Aufnahmen, einem Instrument das in der Sinfonietta besonders wichtig ist, von den meisten Tonmeistern aber sträflich vernachlässigt wird.

 

 

5         

Charles Mackerras    

Pro Arte Orchestra                

EMI               

1959

Die Instrumenten-Terzette der Fanfaren werden mit größter Klarheit abgebildet und lassen sich hier vorbildlich voneinander unterscheiden (meist wird hier nur ein Mischklang geboten). Die Phrasierungen auch in den Folgesätzen sind sehr ausdrucksvoll und erscheinen sehr gut erarbeitet worden zu sein, was man auch an der hohen Präzision hören kann. Steigerungen und Höhepunkte kommen auf den Punkt. Die Solisten spielen bis auf die etwas dünne Oboe ausdrucksgeladen und expressiv mit organischen Tempomodifikationen. Auch sehr subtile pp sind zu hören. Die Streicher spielen intonationssicher und homogen (fast homogener als die Wiener 21 Jahre später). Das Blech erreicht auch – wo gefordert – bohrende Härte.

Die Aufnahme klingt für ihr Alter ausgesprochen gut aufgefächert, tiefengestaffelt und transparent. Der Klang ist offen aber bisweilen zu schwach im Bassbereich. Auch die Pauke kommt viel zu schwach ins akustische Bild, eine Schwäche, die sie mit vielen anderen Einspielungen teilt.

Trotzdem eine sehr gelungene schon damals ausgesprochen kundige Wiedergabe des Werkes durch den großen Freund und Kenner der tschechischen Musik.

 

 

5         

Karel Ancerl              

CzPO             

Supraphon                 

1961

Dies ist eine vom ersten Ton an sehr expressive Wiedergabe, die ein hohes Maß an Identifikation ausstrahlt. Das Orchester ist äußerst engagiert, verfügt aber noch nicht über die samtenen Klangfarben späterer Einspielungen, besonders Oboe, Englischhorn und Klarinette klingen noch sehr dünn. Dafür zeigen sich die Blechbläser  und hier ganz besonders die Hörner in bestechender Form. Ancerls Version schreckt auch vor drastischen Akzenten und wilden Aufschwüngen nicht zurück. Kultiviertheit ist ihm nicht das oberste Gebot. Vielmehr berstende Intensität. Zu hören insbesondere im stupenden 3. Satz, im unruhigen im Untergrund heftig schwelenden  4.und im drastischen Spannungsverlauf des 5. Satzes. Hier behält er aber trotz allem Feuer stets den Überblick.

Die Klangtechnik ist erstaunlich gut und durchaus dynamisch, kann aber im turbulenten Schlusssatz nicht mehr alle Details offenlegen.

 

 

 

 

5         

George Szell              

Cleveland Orchestra              

CBS               

1965

Der Ancerl - Aufnahme nicht unähnlich gerät auch diese Wiedergabe spannend aber im Grundduktus ausziselierter und weniger vorbehaltlos-spontan. Dafür noch perfekter (wenn man dieses Wort ausnahmsweise einmal steigern darf). Die Musiker haben das Werk hörbar verinnerlicht. Es beginnt mit schwer lastenden Fanfaren, wobei aber die Transparenz voll gewahrt bleibt. Auch im 2. Satz kommen ausdrucksgeladene und dennoch gefühlvolle Soli. Die gefürchteten Violinexkursionen in die höchsten Höhen erklingen samtweich und immer auch den großen Bogen im Auge behaltend. Diese Eigenschaft ist durchgehend auf das ganze Werk zu übertragen. Rhythmische Genauigkeit ist hier eine Selbstverständlichkeit. Der 5. Satz gerät glanzvoll. Jedoch sind auch dem Ohr des Perfektionisten Szell kleine Details entgangen, so ist das kleine Posaunenschmankerl (eine Quintole) in T. 58 fast unhörbar (was die amerikanischen Aufnahmen seltsamerweise eint) und die Oboe in Takt 102 fehlt völlig. Klanglich kann die Aufnahme mit ihrer damals größtmöglichen Transparenz auch heutigen Ansprüchen noch voll genügen.

 

 

 

 

5         

Vaclav Neumann                   

CzPO             

Supraphon                 

1982

Neumann kommt als erster auf die eigentlich sehr naheliegende Idee die beiden ersten Trompetenterzette in der Fanfare  (es sind ja insgesamt 9 zusätzliche Trompeten) sich gegenüber ((also rechts – links) und nicht nebeneinander zu positionieren. Das lichtet die Stimmverläufe spürbar auf. Er zieht den ersten Satz in schnellem Tempo ohne Rubato und nennenswerte Fehler durch. Das Orchester macht auch im weiteren Verlauf einen sehr guten Eindruck. Alles erklingt präzise, rund und sauber. Crescendi werden minuziös beachtet. Der souveräne Umgang mit dem Werk bleibt stets evident. Die Oboen klingen nun nicht mehr spitz sondern etwas matt. Die Streicher klingen mit dem für dieses Orchester mittlerweile fast zum Charakteristikum gewordenen strahlenden Schmelz. Das Prestissimo als Höhepunkt im 3. Satz gelingt sehr gut. Auch der 4. Satz stellt das Orchester vor keine Intonationsprobleme. Immer wieder lauscht man dem ausziselierten Zusammenspiel. Gegenüber der Ancerl-Aufnahme wirkt die Spannung etwas zurückgenommen. Auch im 5. Satz werden die Trompeten der Fanfaren quasi antiphonal positioniert, was sich sehr positiv auf die „Übersichtlichkeit“ auswirkt.

Aufnahmetechnisch wird eine gute Transparenz mit natürlichem Nachhall erreicht.

 

 

5         

Jonathan Nott            

Bamberger Symphoniker      

Tudor             

2004

Im sehr flott genommenen ersten Satz wählt auch Nott die quasi antiphonale Aufstellung der beiden ersten Trompetenterzette. Warum er diese segensreiche Idee nicht mit in den 5. Satz übernimmt bleibt ein Rätsel.             Das flotte Tempo übernimmt er auch in den 2.Satz, womit er den fast unspielbar erscheinenden Metronomangaben der Partitur mit am nächsten kommt. Man vernimmt trotz des flotten Tempos gelungene, fein ausgewogene „schöne“ Soli und sehr geschmeidige Rubati. Die Klangqualität des Orchesters lässt überhaupt (insbesondere bei den Holzbläsern) kaum Wünsche offen. Einzig die Streicher erscheinen bisweilen nicht ganz perfekt intoniert. Die Partiturtreue erscheint vorbildlich, auch bei der Artikulation. Als Einziger beachtet Nott das Ritardando ab T. 50 im 3.Satz. Die Wiedergabe wirkt zudem stets inspiriert.

Der Klang ist sonor, klar und in Breite und Tiefe sehr gut aufgefächert. Einen zusätzlichen Gewinn kann man hier aus der fünfkanaligen Wiedergabe ziehen, denn diese Interpretation liegt als SACD vor.

 

 

5         

Vaclav Neumann      

SO des SWF Baden Baden   

Arte Nova      

1990

Gegenüber seiner neun Jahre älteren Prager Aufnahme muss man bei dieser Neumann-Aufnahme kaum nennenswerte Abstriche hinnehmen. Erwähnenswert wäre, dass den Baden-Badener Geigern der volle strahlende Schmelz der Prager Kollegen nicht in gleichem Maß gelang (falls er überhaupt beabsichtigt war) und was bedauerlicher ist, dass Neumann bei der Produktion im Funkhaus von der antiphonalen Aufstellung der Fanfaren-Trompeten wieder abrückte. Ansonsten erreicht er hier als Gastdirigent des hervorragend disponierten Orchesters dieselben hochwertigen Ergebnisse wie als Chef in Prag. Insbesondere, dass jeder Satz ein Grundtempo haben sollte (trotz der verschiedenen zahlreichen Tempobezeichnungen und Metronomangaben innerhalb eines Satzes!), so Janacek selbst, wird hier erneut mustergültig realisiert.

 

 

 

 

 

 

4-5      

Rafael Kubelik          

SO des BR                

DG                 

1971

Obwohl es sich bei dieser Aufnahme um keine LIVE - Aufnahme handelt, sind gegenüber Kubeliks Aufnahme 10 Jahre später eher noch mehr Patzer in der Fanfare stehen geblieben. Anscheinend haben die Beteiligten auf die Fehlerfreiheit in diesem Satz keinen besonderen Wert gelegt. Ansonsten zeigt diese Version denselben belebenden Enthusiasmus der Live-Aufnahme. Der 2.Satz zeigt erneut ein flottes Tempo in dem die Streicher ausdrucksvoll und quirlig den Vorgaben Kubeliks folgen. Im 3. Satz zeigt sich auch 1971 bereits das Kubelik eigene leidenschaftliche Feuer, das die detailgenaue Phrasierung aber keineswegs verhindert. Im 4. Satz wird der Scherzocharakter hervorragend herausgearbeitet. Der 5.Satz ist auch nicht ganz frei von kleinen spieltechnischen Mängeln (Patzer Klarinette T.17) aber was viel wichtiger ist: Kubelik gelingt auch hier bereits eine besonders mitreißende triumphale Schlusswirkung, wie sie ihm auch 10 Jahre später wieder gelang.

Das Klangbild ist zwar transparent und recht dynamisch, zeigt aber wenig Tiefenstaffelung und wirkt als ganzes ziemlich kompakt. Wenn die relativ zahlreichen kleinen spieltechnischen Mängel nicht wären, die auf einer „Studioaufnahme“ nicht unbedingt verbleiben müssten, wäre auch diese Kubelik-Aufnahme eine Stufe höher zu plazieren gewesen.

 

 

4-5      

Seiji Ozawa               

Chicago Symphony Orchestra          

EMI               

1969

Nähme man alleine die technische Leistung der Beteiligten und da muss man den Dirigenten in jedem Fall einschließen, so müsste auch diese Aufnahme mit an der obersten Stelle stehen. Die Leistung des ehemaligen Fritz-Reiner-Orchesters ist superb und macht Staunen. Die Fanfaren werden perfekt geblasen. Alle Vortragsbezeichnungen werden mustergültig beachtet. Crescendi kommen kraftvoll auf den Punkt. Das Prestissimo im 3.Satz wird superb hingelegt. Die heiklen Violinenpassagen in den höchsten Höhen sind intonationsrein und strahlend. Die Fanfaren im 5.Satz wirken wohltuend entschlackt, die Pauke wird herausragend herausgearbeitet, klingt auch präsent und läuft nicht beiläufig mit. Aber die Virtuosität stellt sich auf seltsame Weise vor den Ausdruck. Übrigens ist auch hier die Posaunenquintole in Takt 58 wie bei Szell nahezu unhörbar. Das Ganze hört sich eher wie ein Konzert für Orchester an  und erst in zweiter Linie nach Janacek. So fehlt ein geschmeidiges Rubato und dem typischen janacekschen Tonfall fehlt etwas die gefühlvolle Komponente.

Der Klang der Aufnahme ist klar und kraftvoll mehr in die Breite als in die Tiefe gestaffelt und durch alle Instrumentengruppen etwas härter als bei den europäischen Orchestern aus Berlin, Bamberg oder Prag. Der Ton der Blechbläser erscheint so - um nur ein Beispiel zu nennen - mehr silbrig  als gold strahlend.

 

 

 

4-5      

José Serebrier           

Brünn PO                  

Reference Recordings           

1995

Die klangliche Struktur der Fanfaren verschwindet hier in einer Klangwolke, hervorgerufen durch einen halligen Raum, einer Kircheakustik ähnelnd. Ähnliches schwebte Janacek für die Realisierung des 1. Satzes vor, wie man dem Nachwort der Partitur entnehmen kann. Im weiteren Verlauf wählte man deutlich weniger Nachhall. Der Klang ist nun absolut lupenrein, sehr gut durchhörbar und weißt leuchtende Klangfarben auf. Er ist lediglich etwas entfernt, was ihm etwas Präsenz nimmt. Das Orchester aus Janaceks Heimatstadt präsentiert sich perfekt vorbereitet. Es hat dessen symphonisches Hauptwerk weitestgehend verinnerlicht. Die seidigen Streicher spielen ihren tückischen Part locker und gelöst. Die Bläser intonieren weitgehend souverän und klangschön. Lediglich das Prestissimo im 3.Satz gerät etwas verwaschen. Der farbig gestaltete Schlusssatz gelingt dagegen glanzvoll. Auffallend ist, dass die Fanfaren in dieser audiophil zu nennenden Klangtechnik jeden Anflug von Nervigkeit verlieren, die sie in minderen Aufnahmen annehmen können. Was dieser Version fehlt ist nur noch ein Quantum mehr an Durchschlagskraft und Spannung.

 

 

4-5      

Simon Rattle  

Philharmonia Orchestra                    

EMI               

1982

Rattle bietet eine temporeiche von jugendlicher Frische getragene, in den solistischen Passagen klangschöne, kontrastreiche und expressive Darbietung. Auffallend ist der schöne, volle Oboenton, den man aus älteren Aufnahmen des Orchesters noch ganz anders in Erinnerung hat. Die Klarinette fällt dagegen klanglich etwas ab. Seine Sicht ist deutlich blechbetonter und aggressiver als die Libor Peseks mit dem gleichen Orchester. Überhaupt werden die Nebenstimmen gut herausgearbeitet. Das Posaunensolo in T.58 des 5. Satzes ist indes gänzlich unhörbar. Der Klang ist auf unauffällige Weise gut aber bei weitem nicht so tief gestaffelt wie bei Pesek.

 

 

4-5      

Libor Pesek   

Philharmonia Orchestra        

Virgin             

1990

Auch hier wird dem Orchester eine solide, flotte, fehlerlose und dramatisch bewegte Leistung abverlangt. Gegenüber der Rattle-Aufnahme fällt hier eine größere Wärme nicht nur bei den solistischen Leistungen auf. Besonders gefällt dabei das 1.Horn und erneut die Oboe (wahrscheinlich derselbe Spieler). Auch das feine Rubato nimmt gegenüber der Rattle-Aufnahme ein. Dagegen bleibt das Blech etwas unterbelichtet und weit weniger präsent. Der Spannungsaufbau im 5.Satz überzeugt hingegen.

Die Aufnahme klingt transparent und voll, verfügt zudem über eine sehr gute Tiefenstaffelung. Wenn Rattle den harten Expressionismus hervorkehrt, favorisiert Pesek die weichen impressionistischen Seiten des Werkes. Das Orchester kann beides.

 

 

4-5      

Charles Mackerras    

CzPO             

Supraphon                 

2002    LIVE

Auch Mackerras stellt  die Trompeten nun antiphonal auf. Für eine Live-Aufnahme klingt der 1.Satz sicher geblasen. Das Orchester zeigt sich in durchweg guter Form. Die Nebenstimmen kommen ausgesprochen gut heraus, die Soli klingen eloquent. Die Streicher spielen homogener aber klanglich etwas grobkörniger als die Wiener Kollegen, scheinen aber auch im Ausdrucksvermögen weniger gefordert worden zu sein. Der Grundduktus der Aufnahme erscheint generell gelassener als bei den beiden älteren Aufnahmen des Dirigenten (1959 und 1980). Der 3.Satz klingt allerdings sehr expressiv, mit einem ausgesprochen schönen, sanften Schluss. Der 4. Satz ist ein pointiertes Scherzo. Der 5.ist ausgesprochen transparent und bietet eine tolle Steigerung. Die ganze Darbietung scheint nun abgeklärter und in ein milderes Licht gerückt worden zu sein. Sie gegenüber den anderen etwas zurückzusetzen ist vielleicht auch nur Geschmacksache.

Auch das Klangbild ist bei weitem nicht so brillant wie das der Vorgängeraufnahmen aus London und Wien.

 

 

4-5      

Frantisek Jilek           

Brünn PO      

Supraphon                 

1986

Auch die zweite Aufnahme aus der Heimatstadt des Komponisten weist wie auch die erste mit Serebrier traumwandlerische Sicherheit in Intonation und Zusammenspiel auf.  Dem Gesamtklang fehlt es nur ein wenig am Schmelz des CzPO aus Prag in seinen jüngeren Aufnahmen. Die erreichte Vertrautheit und Selbstverständlichkeit verleitet hier aber dazu, es etwas die Spannung fehlen zu lassen. Der Duktus wirkt leicht, gleichsam wie hingetupft. Die Sätze 3 und 4 erscheinen ohne diesen letzten Nachdruck etwas brav. Dem 5. Satz gibt man aber den freudestrahlenden Duktus, den er mit Eintritt der Fanfaren haben sollte, ohne das restliche Orchester zuzudecken. Der Klang ist deutlich, transparent und offen.

 

 

4-5      

Jiri Belohlavek           

CzPO             

Chandos                    

1990

Die Fanfare erklingt mit durchschnittlicher Transparenz und Präsenz. Das Orchester spielt nun noch etwas klangvoller als noch unter Ancerl und Neumann, hat in dieser Aufnahme aber etwas an Präzision, Ausdrucks- und Strahlkraft verloren. Auch der Spannungsverlauf steht hinter den Vorgänger-Aufnahmen zurück (da bleibt Ancerl weit vorne). So fehlt es auch dem 3.Satz etwas an der innewohnenden Exaltiertheit. Auch der 4. erklingt gemäßigt. Das soll aber nicht heißen, dass hier keine als gelungen zu bezeichnende Aufnahme vorläge. Der Schlusssatz integriert die Fanfaren sehr gut. Die Aufnahmetechnik ist solide, mit weichen Klangfarben und transparent, es fehlt aber etwas an Kraft und Präsenz..

 

 

4-5      

Kurt Masur                

New York PO           

Teldec            

1993

Auch hier liegt eine gelungene Aufnahme vor. Die Partiturvorschriften werden sehr gut eingehalten. Das Orchester zeigt sich in sehr guter Verfassung, klingt bisweilen aber ein wenig fest. Das Horn gefällt besonders gut. Auch die anderen Bläsersoli sind durchweg gelungen. Die Fanfaren im 5.Satz sind gut integriert. Was verwundert ist die Gestaltung des Prestissimo im 3.Satz. Als ob Masur hier auf Nummer Sicher gehen wollte, verlangsamt er das Tempo genau hier überdeutlich, wie mir einem Zeigefinger versehen. Eine Maßnahme, die sich – auch wegen der Qualität des Orchesters – überhaupt nicht erschließt, zumal er der Einzige ist, der so verfährt. Ansonsten wird der Ausdrucksgehalt jedoch  gut getroffen. Es fehlt nur der letzte Rest Enthusiasmus.

 

 

4-5      

Ondrej Lenard    

SO des Slowakischen Rundfunks, Bratislava      

Naxos           

1989

Hier hören wir ein (bis auf die Fanfaren, die eine Prise mehr Präzision noch vertragen hätten) sehr gut aufgelegtes und einstudiertes Orchester, das die schwierige Partitur fast durchgehend spannend zum Leben erweckt. Es verfügt auch über klangvoll agierende Solisten. Einzelne Abschnitte könnten noch etwas kontrastreicher klingen. Der 4.Satz erscheint fast beschwingt. Dem Finale fehlt es jedoch etwas am überwältigenden Ausdruck und am Glanz. In diesem Vergleich war diese ausgereifte Leistung die große positive Überraschung. Auch klanglich überzeugt sie mit sehr hoher Transparenz, die Instrumente erscheinen so weit voneinander separiert, dass man fast meint durch das Orchester durchspazieren zu können. Es fehlt ihm dagegen noch etwas Dynamik und Präsenz.

 

 

4-5      

Heinz Rögner            

Rundfunksinfonieorchester Berlin    

Eterna, BC     

1979

Die relativ langsam genommenen Fanfaren gelingen nicht völlig präzise, auch die Intonation ist nicht lupenrein,  Rögner stellt das Staccato dabei sehr stark heraus, es wird so fast zu einem Marcato. Deutlichkeit und Genauigkeit scheinen ihm oberstes Gebot zu sein. Es scheint beinahe so, als wolle er aus der Sinfonietta eine ausgewachsene Sinfonie machen. Er kommt durch das auffallend gemäßigte Tempo auch in den Folgesätzen zu einer ausgesprochen differenzierten Gestaltung. Die Holzbläser agieren klangschön. Das ganze Orchester – das von der Präzision her nicht immer ganz sattelfest erscheint – phrasiert  stets in sich sehr stimmig. Der 3.Satz erklingt mit vollem, rundem aber auch lebendigem Klang so nachhaltig intoniert, als solle er sich ins Hörergedächtnis eingraben. Das Prestissimo wirkt so aber leicht gebremst, wie auch Presto und Prestissimo im 4.Satz mehr zum Kontrast gegenüber dem vorangegangenen Andante hätten beitragen könnten. Dem letzten Satz (wieder mit expressiven Soli) fehlt es etwas an Glanz. Klanglich erreicht die Aufnahme auch für heutige Ohren noch eine sehr gute Qualität.

 

 

4-5      

Antoni Wit                 

Warschau PO                        

Naxos            

2008

Orchester und Dirigent gelingt eine ausgewogene und schlackenlose Wiedergabe. Die Bässe werden hier einmal nicht vernachlässigt, sondern grundieren den Gesamtklang gut. Man hört klangschöne Holzbläser und homogene Blechbläser, die aber in ihrer Strahlkraft hinter den besten zurückblieben. Auch die durchaus präzisen Streicher können sich mit den besten nicht ganz messen. Der Interpretation fehlt die letzte Identifikation, man stößt nicht in die obersten Ausdrucksbereiche vor. Das betrifft sowohl die Dynamik (insbesondere bei den Streichern und dem Blech), die vorgegebenen Accellerandi als auch die gemäßigte Temponahme. Den Höhepunkten der jeweiligen Sätze fehlt etwas die Durchschlagskraft. Diese Aufnahme liegt auch auf mehrkanaliger Blu-Ray-Audio vor. In diesem Fall ergibt sich aber – anders als im Falle der Jonathan-Nott-Aufnahme aus Bamberg  gegenüber der zweikanaligen Wiedergabe kein Zugewinn an Transparenz, räumlicher Weite oder Wucht des Gesamtklangs.

 

 

 

 

4         

Rudolf Kempe           

BBC SO        

BBC Legends           

1975                 

LIVE

Die Fanfaren klingen nicht lupenrein und der Jubel wirkt zu Beginn noch ziemlich zurückhaltend. Das Orchester präsentiert sich jedoch generell gut vorbereitet, die Streicher agieren ziemlich sicher. Die nötige Intensität ist durchaus vorhanden. Auffallend ist eine minimale aber spürbare Denkpause zwischen Takt 146 und 147 des 3. Satzes (könnte auch ein schlechter Schnitt sein) und dass Kempe danach mit Legato statt Staccato weiterspielen lässt (bis T.165). Einnehmend ist die spannende und intensive Darstellung des 5.Satzes, der aber mit Einsatz der Fanfaren an Transparenz einbüßt und im abschließenden Maestoso ziemlich „verklumpt“. Die BBC-Live-Technik war ihm nicht so recht gewachsen. Die Schlussdynamik überzeugt hingegen wieder.

Die Aufnahme leidet etwas unter einem hohen Grundrauschen und bleibt leicht matt bis dumpf. Das Orchester klingt aber nicht spitz, sondern noch angenehm rund. Die Interpreten hätten durchaus eine Studioaufnahme verdient gehabt.

 

 

 

 

 

4         

Zdenek Macal            

Royal Philharmonic Orchestra London               

PG Records                

1978

Hier agiert ein gutes Orchester unter kundiger Leitung. Es leistet sich keine Patzer und zeigt sich durchweg intonationssicher. Die durchweg flotte Gangart wirkt nicht unsympathisch und betont die Leichtigkeit des Werkes. Die Expressivität bleibt etwas unterbelichtet, wie auch (wieder einmal) die Pauke. Dem letzten Satz fehlt am Ende die klangliche Ordnung.

Der Klang fügt sich in dieses Bild ein. Er ist gut durchhörbar aber unaufdringlich und leicht körnig, der letzte Schmelz und Glanz fehlt ihm.

 

 

4

Gennadi Roshdestwensky  

Großes SO des Moskauer Rundfunks    

RCA-Melodia      

1965

Flotte, etwas blechern klingende Fanfaren drücken noch ganz gut die Freude aus, die Janacek übermitteln wollte. Ein Nachteil dieser Version sind die zwar recht virtuos-wendigen aber scharf  klingenden Violinen. Auch die Oboen klingen dünn. Das Blech hingegen punktet mit hoher Durchschlagskraft, wobei die Posaunen bisweilen mit einem leichten Vibrato überraschen. Der 3. Satz  - wie die ganze Wiedergabe – erklingt detailgenau, das krönende Prestissimo gelingt sehr gut. Der reich an Nebenstimmen gehaltene 5.Satz krankt an der unzulänglichen Fähigkeit der Aufnahme, höchste Lautstärken wiederzugeben. Man regelt als Lösung des Problems einfach den Aufnahmepegel herunter. Das Orchester scheint so auch vom Hörer wegzurücken. Die Interpretation als solches lässt mit ihrer stringenten Temponahme und genauen Partiturauslegung kaum Wünsche offen, heutige Ohren können sich jedoch nur schwer an den drahtigen Klang und an das burschikos klingende kantige Orchester gewöhnen, ebenso an die seltsame Klangtechnik. Eine lediglich exotische Alternative.

 

 

4         

Andrew Davis            

Royal Stockholm PO            

Finlandia,Warner       

1998

Davis lässt sein damaliges Orchester klar und flott intonieren. Das Orchester punktet mit auch in hohen Lagen noch recht geschmeidig wirkenden Violinen und klangvollen Bläsern. Folgt man zu Beginn noch der exakten Artikulation, so häufen sich im Verlauf doch ein paar Mängel. Die Hörner könnten deutlicher hervortreten. Der 4.Satz ist beschaulich und wenig kontrastreich. Im 5. sind die Fanfaren zu dominant und er verliert mit zunehmender Lautstärke an Plastizität. Der Klang ist etwas gedeckt und mit relativ geringer Tiefenstaffelung ausgestattet.

 

 

4         

David Zinman            

Rotterdam PO                       

Philips            

1971

Zinman bemüht sich um eine transparente, alle Bereiche offenlegende Darbietung. Das gelingt auch weitgehend. Nebenstimmen sind meist gut hörbar. Die Fanfaren klingen etwas zu zaghaft, der 2.Satz sehr lebhaft und schwungvoll, wobei das Orchester etwas von seiner Präzision einbüßt. Der 3. Satz ist solide gemeistert, aber nicht zwingend gestaltet. Der 4. Satz klingt etwas starr. Im 5. sind die Geigen nicht ganz sauber und er lässt etwas die Spannung vermissen. Bei der Schussfanfare wirkt der Klang nicht mehr gut strukturiert.

Der Klang erscheint etwas trocken, aber transparent und ausgewogen. Es fehlt etwas an Größe und Glanz.

 

 

 

 

3-4      

Rafael Kubelik          

Wiener Philharmoniker         

Decca-Retrospective 

1955 MONO

Naturgemäß muss man bei dieser Mono-Aufnahme bei der Transparenz Abstriche hinnehmen. Dennoch erreicht die Decca-Aufnahme eine erstaunliche Präsenz der Solisten im Orchester. Nebenstimmen gehen jedoch verloren. Das Orchester ist hier sehr gut auf die schwierige Partitur eingestellt worden. Es spielt teilweise, als ob es nie etwas anderes gemacht hätte. Der Bassbereich ist unterbelichtet. Interpretatorisch zeigt sich in Kubeliks erster Aufnahme bereits die nervöse, fiebrig erregte Hochspannung der späteren Aufnahmen. Auch im jugendlich-forschen Tempo. Vor allem im letzten Satz.

Den wuchtigen Klangschmelz der Wiener Mackerras-Aufnahme sucht man hier noch vergebens, insgesamt ist er mit einer nur leichten Schärfe aber für seine Zeit ganz in Ordnung.

 

 

3-4      

Sylvain Cambreling   

Orchestre Royal de la Monaie 

Ricercar       

1985    LIVE

Die Fanfaren klingen nicht ganz intonationsrein und nicht sonderlich brillant. Das Orchesterspiel erscheint generell etwas grob, bisweilen auch flüchtig, es fehlt an Feinschliff. Den Geigen fehlt es an Geschmeidigkeit. Pp ist mitunter zu laut, die Harfe auch mal ganz unhörbar. Im Blech vernimmt man teilweise harmlose Crescendi, die es an der nötigen Zuspitzung fehlen lassen. Die Bässe sind generell viel zu leise. Bei dieser Version fehlt es ein wenig an Allem. Vor allem an Klangzauber und Magie. Die Partitur wird aber für eine Live-Aufnahme noch ganz anständig realisiert. Klanglich ist sie etwas flächig und flach. Es fehlt  auch am Auflösungsvermögen im Hochtonbereich.

 

 

3-4      

Otto Klemperer          

Kölner RSO              

EMI     1956    LIVE 

MONO

Klemperer bevorzugt hier deutlich zu langsame Tempi. Im 5.Satz wählt er jedoch zunächst ein lebhafteres angemessenes Zeitmaß. Hier fehlt es auch keineswegs an Leidenschaftlichkeit. Mit Einsatz der Fanfaren wird er jedoch wieder sehr langsam, fast statisch. Das dürfte nicht im Sinne des Komponisten gewesen sein. Für das Alter der Mono-Aufnahmen wird aber eine gute Transparenz erreicht. Details gehen aber dennoch mitunter verloren.

Das Orchester bewältigt seine Aufgaben sehr gut. Gegenüber der noch etwas älteren Aufnahme aus Amsterdam erlaubt sich der Dirigent deutlich weniger Temposchwankungen.

 

 

 

 

3         

Klaus Tennstedt        

LPO               

BBC Legends            

1991    LIVE

Das Orchester hat bei diesem Mitschnitt keinen guten Tag erwischt. Die kleinen Patzer beginnen schon bei den Fanfaren, die Unsauberkeiten betreffen auch die Streicher im 2. Satz. Völlig unmotivierte Ritardandi deuten auf eine Rüchsichtnahme (oder Unsicherheit?) des Dirigenten, um weitere Unglücke zu vermeiden. Kurzzeitig erscheint die Aufführung gar wegen unpünktlicher Einsätze gefährdet. Der 3.Satz wirkt starr, die Posaune erwischt hier einen auffallend unpräzisen Einsatz bei T.39. Das Prestissimo gelingt nur halbherzig ohne den rechten Nachdruck. Der 4.Satz zeigt reichlich pauschale Artikulation neben recht gelungenen Abschnitten. Beim 5.Satz hängt die Spannung durch und immer wieder stören Präzisionsmängel. Bei der Reprise der Fanfaren werden die Streicher immer wieder zugedeckt. Die Aufnahme klingt für einen Live-Mitschnitt der frühen 90er Jahre ganz passabel. Immerhin so gut, dass man alles was schief geht auch sehr gut mitbekommt.

 

 

 

 

3         

Otto Klemperer                     

Concertgebouw Orchester Amsterdam              

Archiphon 

1951   LIVE  MONO

Bei dieser Aufnahme irritieren zu Beginn heftige Temposchwankungen, die Tempoangaben in der Partitur suggerieren das zwar, aber Janacek selbst soll sich (wie bereits erwähnt) so geäußert haben, dass jeder Satz ein Grundtempo haben soll, das beizubehalten ist. Klemperer scheint davon damals noch nichts gewusst zu haben, obwohl er ja die Erstaufführungen in Deutschland und den USA geleitet hat. In der Kölner Aufnahme hat er diese Temposchwankungen auch weitgehend zurückgenommen. Der Ausdruck unbändiger Freude stellt sich so jedenfalls nicht ein. Den weiteren Sätzen gibt der Dirigent eine nervöse Spannung mit, die auf eine tiefe Einsicht in die Geheimnisse des Werkes zu deuten scheint. Das Orchester spielt hier mit Nachdruck und Intensität. Der 3. Satz zeigt teilweise sprechende Artikulationen bei den Solisten, der Dialog der Posaunen mit den Flöten gelingt jedoch weniger beredt. Geradezu expressionistische grelle Farben erlebt man bei T.126. Manche Spotlights auf die Blechbläser erreichen eine übergroße Präsenz. Der 5.Satz beginnt mit einem nervös aufgepeitschten Tempo. Die Reprise der Fanfaren dann wieder in einem ausgesprochen moderaten. Sie wirken so bei gut durchdringender Pauke etwas pompös. Das Orchester zeigt sich bei diesem Live-Mitschnitt sehr gut präpariert, spielt zwar noch nicht so geschmeidig und klangvoll wie heute, gestattet sich aber  keinerlei Schwächen. Diese Aufnahme zeigt schon viele Kennzeichen einer typischen guten Klemperer-Aufnahme. Mit den Fanfaren scheint er sich jedoch erst später angefreundet zu haben.

 

 

3         

André Previn             

Los Angeles PO        

Telarc             

1988

Diese Aufnahme beginnt mit beiläufig gespielten Fanfaren, die keine Freude und schon gar keinen Jubel ausdrücken. Auch der 2.Satz beginnt schwerfällig. Das Orchester vermag es eigentlich in keiner Weise, sich vom Text zu lösen. Hier ereignet sich keine Janacek-Magie. Keine magischen Klangteppiche werden ausgelegt, über denen eine Trompete entrückt schweben könnte, alles bleibt an den Noten kleben. Beim 3.Satz kommt das elegische Moment noch ganz gut zum Tragen. Die Violinen strahlen jedoch dann nicht, sondern wirken „seifig“ verschwommen. Bei con moto ab T.39 erlebt man eine falsche Betonung auf der zweiten Note und eine Ignorierung des Bindbogens. Alle anderen machen es hier wie notiert. Das schon oft erwähnte Prestissimo wirkt gebremst. Der ganze Satz gerät ziemlich langweilig und uninspiriert.

Dem 4.Satz fehlt die Lebendigkeit, er wirkt fast schon lethargisch. Auch der 5. baut wenig Spannung auf. Es fehlt ihm an Kraft. Nicht an der Stelle an der die Becken einsteigen, die ist gut und dringt vorbildlich durch, wie kaum sonst einmal.

Insgesamt eine laue Wiedergabe, die kein besonders inniges Verhältnis zum Werk erkennen lässt.

Bedauerlich, da die Klangtechnik sehr gut ist und die Pauke beispielsweise sehr prominent, konturiert und glasklar abbildet, woran es bei sehr vielen mangelt. Sie ist gut aufgefächert aber nicht so brillant und farbstark, wie man es sonst von diesem Label gewöhnt ist.

 

 

2-3      

Tomas Netopil           

RSO Prag                   

Supraphon                 

2012

Die Fanfaren könnten besser aufgefächert sein und durchaus präziser gespielt werden. Der 2.Satz erscheint wie die restliche Wiedergabe etwas matt. Das orchestrale Engagement für das Werk des Landsmanns könnte durchaus größer sein. Die an sich wohlklingenden Bläser phrasieren fast schüchtern, die Kontraste bleiben zurückhaltend. Auch der 5.Satz erscheint zart und weich. Zudem unterläuft dem Pauker ein schlimmer Lapsus: Er spielt ab T.203 für ca. 10 Sekunden den falschen Rhythmus. Ist er da einem Aprilscherz  seiner Kollegen aufgesessen, die ihm die falschen Noten hingelegt haben? Denn jeder Spieler kann diesen einfachen Rhythmus problemlos pauken. Ein Fehler würde ihm nie passieren. Vielleicht wurde auch ein falscher Take eingefügt? Wie dem auch sei: Dem die Aufnahme abhörenden Dirigenten und/oder Aufnahmeleiter hätte es in jedem Fall auffallen müssen. Wenn das nicht passiert wäre, könnte diese Wiedergabe durchaus noch eine 3-4 Bewertung erhalten. Klanglich ist sie gut durchhörbar, fein aufgelöst und weich und geschmeidig konturiert.

 

 

 

 

 

2         

Jascha Horenstein      

Orchestre National de l´ORTF         

M+A  

1954    LIVE MONO

Diese Aufnahme stand unter keinem guten Stern und wäre zum Schutze aller beteiligten besser nicht veröffentlicht worden. Sie taugt nur als Dokument dafür, wie schwierig Janaceks Partitur einmal für die Orchester früherer Tage zu realisieren war.

Die Fanfaren erklingen lähmend langsam mit schlechter Intonation, unpräzise und mit penetrant im Vordergrund agierenden Tenortuben. Der 2.Satz klingt ebenfalls schwerfällig. Bässe sind kaum vernehmbar, ebenso die Harfe. Alles wirkt wie durchbuchstabiert, gerade so wie bei der ersten Probe eines schlecht vorbereiteten Studentenorchesters. Intonationsprobleme gibt es durchweg in allen Instrumentengruppen.

Beim 3. Satz ist die Temponahme als rhapsodisch zu bezeichnen, generell aber schleppend. Kaum ein Legato gelingt bruchlos. Das Unglück passiert aber dann bei T. 80: Ein Hänger der Soloposaune  reißt alle Kollegen mit. Die Aufführung kommt für einen Moment zum Stillstand. Bei T.91 ereignet sich ähnliches. Die Steigerung vor T.147 klingt schaurig. Über den 4. Satz breiten wir den Mantel des Stillschweigens. Der 5. ereignet sich ohne Spannung und klingt ausgesprochen lasch. Und wieder wie durchbuchstabiert. Es kommt unter diesen Umständen natürlich keine Freude über die gewonnene Freiheit auf, die der Satz ja eigentlich ausdrücken und wecken möchte.

Der schauerliche Klang ist dynamisch stark nivelliert. Das völlig unvorbereitete Rundfunkorchester der französischen Hauptstadt, von dem naturgemäß nahezu jedes Konzert  gesendet wurde (und wird), nur heißt es mittlerweile Orchestre National de France), wird hier auf eine ihm fremde Musik losgelassen. Man fragt sich aber auch, wie es mit der Arbeitsmoral des  - bisher hochgeschätzten – Dirigenten bestellt war. Dem Applaus nach zu urteilen, passierte so etwas in Paris jedoch nicht zum ersten Mal.

 

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Vergleich fertiggestellt am 9.12.2019